Seit nunmehr 20 Jahren nutzen Renate Graziadei und Arthur Stäldi ihr Studio laborgras am Paul-Lincke-Ufer für ihre gemeinsame Bewegungsforschung. Hier, in dieser konzentrierten und fast kontemplativen Atmosphäre eines ruhigen Kreuzberger Hinterhofes entstehen die Konzepte für Performances, die in den unterschiedlichsten Kollaborationen den Tanz als eigenständige Kunstform und Sprache untersuchen. Die Studiobühne ist aber viel mehr als die home base des Kollektivs laborgras. Mit den Residenz-, Performance- und Forschungsprogrammen hat sich das Studio international als ein Ort des anspruchsvollen, vitalen und sozial engagierten zeitgenössischen Tanzes etabliert. Das lebendige Zusammenspiel unterschiedlichster Präsentations-, Weiterbildungs- und Diskussionsformen macht das Studio zu einem Forum, das die Künstler*innen, deren Arbeit und Herangehensweisen, die Begegnung mit sich selbst sowie mit dem Publikum, in den Mittelpunkt stellt.

Tanz ist immer „Beziehung“, ganz gleich, wer tanzt, wie viele Körper es sind oder was verhandelt wird.
Die Wiederaufnahme der Produktion „Er…Sie… und andere Geschichten“ bietet hierfür zum Jubiläum des Studios eine besondere Gelegenheit.

In einem Reigen aus 13 kurzen Choreographien, die jeweils einem Song bzw. einem Musikstück folgen, lotet laborgras Stimmungsbilder zwischenmenschlicher Konstellationen aus und fragt nach eben dem Wesen von Beziehungen: Welche Gesten verbinden, welche Haltungen erzeugen Gemeinsamkeit, wie funktioniert Abgrenzung? Wie erreicht man Harmonie, wie stabilisiert man sie und wodurch löst sie sich auf?

Mit Hingabe, Standhaftigkeit, Balzverhalten und Verschmelzen zu einer Einheit sind nur einige Facetten bezeichnet, welche die beiden Tänzer zeigen. Mal leise und zärtlich, mal laut und fordernd, mal alleine, mal als Einheit, entfalten die beiden Tanzenden Renate Graziadei und Sergey Zhukov in fließender Kontinuität das Zusammenspiel von Partnerschaft und Individualität. Die Verbindung zwischen den Stimmungsbildern entsteht im Kopf der Zuschauer, das Publikum setzt die Szenen miteinander in Beziehung: Viele der eingesetzten Gesten und Haltungen kennt man aus dem Alltag und fühlt unmittelbar mit.

Das Studio laborgras wird dabei durch seine intime bauliche Situation selbst Teil der Gesamtperformance: Die Grenze zwischen Publikum und Darsteller:in ist aufgehoben, denn die Tanzenden sind nicht an eine Bühne gebunden und die einzelnen Episoden finden an unterschiedlichen Punkten des gesamten Performance-Raumes statt. Die Zuschauer:innen folgen und schaffen sich ihre eigene Perspektive auf das Geschehen, bestimmen selbst über Nähe oder Distanz, über ihre Beziehung zum Erlebten.

Konzept und Künstlerische Leitung: laborgras (Renate Graziadei & Arthur Stäldi)
Choreografie: laborgras in Kollaboration mit Sergey Zhukov
Tanz: Renate Graziadei & Sergey Zhukov
Dramaturgie: Arthur Stäldi
Kostümdesign: Claudia Janitschek
Lichtdesign: Lutz Deppe
Sounddesign: Andrea Parolin
Musik: Micatone, Phoebe Killdeer & The Short Straws, TCC Band, Sam Cooke, u.a.
Produktionsleitung: Inge Zysk & Raquel Moreira
Presse und Öffentlichkeitsarbeit: k3 berlin
Distribtuion und Kommunikation: Astrid Rostaing

Fotos: Phil Dera
Kamera: Walter Bickmann, Videoediting: laborgras